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Chinesische Tischsitten

So manch eine chinesische Tischsitte mag uns als Europäer zunächst befremdlich erscheinen. Essen gilt in China als höchst kommunikative Angelegenheit. Laute Gespräche, laute Geräusche und im Hintergrund (laute) Musik ‒ nicht ohne Grund haben viele Restaurants separierte Räume. Hier finden bevorzugt Geschäftsessen statt, abgeschirmt vom teils enormen Geräuschpegel im restlichen Teil des Restaurants.

 

Gemeinsam essen bedeutet in der chinesischen Kultur es sich gut gehen zu lassen und zu genießen. Dabei sind Reden mit offenem Mund, Schlürfen, Schmatzen und Rülpsen erlaubt und gelten sogar als Ausdruck des Wohlbefindens. Wem Tischmanieren wichtig sind, der schmatzt aber auch in China nicht. Aus dem westlichen Blickwinkel heraus betrachtet mag die chinesische Tischetikette ab und an exotisch erscheinen, dennoch ist sie Ausdruck einer über Jahrhunderte gewachsenen Kultur. Im Gegenzug ist es für Chinesen ein absolutes No-Go, bei Tisch die Nase zu putzen und das benutzte Taschentuch womöglich noch in die Hosentasche zu stecken. Pünktlichkeit wissen dagegen beide Kulturen sehr zu schätzen.

Essen ist in China eine „runde“ Sache

In China wird von runden Tischen gegessen, denn der Kreis steht als Symbol für Harmonie. In der Tischmitte befindet sich ebenfalls eine runde Platte. Sie ist drehbar und ermöglicht jedem am Tisch ein gutes Erreichen aller Speisen. Doch Vorsicht, gedreht wird immer nur dann, wenn sich gerade niemand bedient. Je größer und wichtiger der Anlass, desto breiter die Vielfalt an Gerichten.

 

Insbesondere am Neujahrsfest finden überall in China große Festessen im Kreise der Familie statt. Traditionell kommen dann Jiaozi (gefüllte Teigtaschen) auf den Tisch sowie Youtiao, frittierte Teigstangen, die aufgrund ihrer Form und Farbe an Goldbarren erinnern und Glück und Wohlstand bringen sollen. Was ebenfalls nicht fehlen darf? Ein Fisch, denn Fisch heißt auf Chinesisch „yu“, was so viel wie „mehr als genug und überfließend“ bedeutet und ebenfalls den Wunsch nach Wohlstand und Reichtum ausdrückt.

 

Möglichst alle Speisen zu probieren und Fragen darüber zu stellen wird als sehr positiv gewertet. Wenn etwas nicht schmeckt, bleibt es einfach auf dem Tellerrand liegen. In China ist es üblich, dass der Gastgeber seinem Gast die besten Speisen auf den Teller legt, damit dieser probieren kann. Sich nur von einem „Lieblingsteller“ oder gar von mehreren Tellern gleichzeitig zu bedienen, gilt als unhöflich. Achten sollten Europäer auch darauf, dass von den Speisen in der Mitte immer ein kleiner Anstandsrest übrig bleibt.

 

Wesentlich ist ebenfalls der richtige Umgang mit den Stäbchen. Sie werden immer neben den Teller gelegt, dabei liegt die Mundseite auf einem Schälchen oder auf einem Porzellanbänkchen, während die Griffseite den Tisch berührt. Weder ist es erlaubt, die Stäbchen während eines Gespräches zu schwingen, noch sollte damit auf das Gegenüber gezeigt werden. Am besten, Sie legen die Stäbchen während eines Gespräches beiseite. Was ebenfalls vermieden werden sollte: die Stäbchen auf dem Teller zu kreuzen oder sie senkrecht in den Reis zu stecken. Letzteres gilt in der buddhistischen Tradition als Geste für die Verstorbenen und würde vom Gastgeber als schlechtes Omen aufgenommen werden.

 

Wer sich mit mithilfe unseres interkulturellen Seminars auf die chinesischen Tischsitten und die interkulturelle Kommunikation vorbereitet, kann sicher sein, vielen Stolpersteinen und peinlichen Momenten von vornherein aus dem Weg zu gehen. Denn je „chinesischer“ sich ein Gast am Tisch benimmt, desto mehr Anerkennung und Respekt wird er von Freunden und Geschäftspartnern erfahren. Apropos, auch der richtige Umgang mit Stäbchen lässt sich bereits vor dem ersten Essen in China zu Hause sehr gut üben und bringt vor Ort viel Lob und Anerkennung.

Das Essen in der chinesischen Geschäftskultur

Während in Deutschland ein erfolgreicher Geschäftsabschluss gern mit einem guten Essen besiegelt wird, verhandeln die Chinesen während des Essens am Tisch. Ein solch offizieller Anlass setzt im China Business durchaus die Beachtung von Formalien wie Kleidung, Hierarchie und Sitzordnung voraus. Hauptperson ist stets der Gastgeber ‒ er sitzt auf dem Platz gegenüber der Eingangstür, bestellt das Essen, eröffnet und bezahlt die Rechnung. Rechts und links von ihm sitzen die Ehrengäste, der rangniedrigste Gastgeber sitzt mit dem Rücken zur Tür. Wer sich hier unsicher fühlt, bleibt einfach so lange stehen, bis ihm der richtige Platz zugewiesen wird. Besonders peinlich kann es werden, wenn die eigene Stellung in der Hierarchie falsch eingeschätzt wird.

 

In China wird bei Geschäftsessen reichlich Alkohol serviert. Immer wieder fordert der Gastgeber zum Anstoßen auf, dabei sollte das eigene Glas etwas niedriger gehalten werden als das des Gegenübers. Ein Gast, der viel trinkt, gilt in der chinesischen Kultur als zufrieden mit seinem Gastgeber. Wer keinen Alkohol trinken möchte, muss sich eine gute Entschuldigung einfallen lassen, wie beispielsweise die Einnahme von Medikamenten. Dennoch ist die erste Runde obligatorisch, ein kurzes Nippen am Glas ist allerdings ausreichend. Neigt sich das Essen seinem Ende entgegen, fallen Bemerkungen wie „die Gäste sind sicher müde“. Dann wird in der Regel auch zum letzten Mal das Glas erhoben. Wer während eines längeren Essens das Bedürfnis nach einer Zigarette hat, kann aufstehen und vor der Tür rauchen. Denn in vielen Restaurants ist Rauchen mittlerweile verboten.

 

In China beeinflussen viele feine Nuancen einen erfolgreichen Geschäftsabschluss. Dennoch sollten die Kultur und das Essen genossen werden. Schließlich sitzen genügend Menschen am Tisch, an deren Verhalten man sich orientieren kann. Wer dabei die wichtigsten Regeln in der Kommunikation mit Chinesen beachtet, wird zu einer entspannten und fröhlichen Atmosphäre beitragen und dafür in der chinesischen Geschäftswelt hoch geschätzt.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Pascal (Donnerstag, 09 November 2023 19:42)

    Immer wird der Vergleich mit dem Naseputzen gemacht, was für mich absolut ein no go ist. Auch wird haben vor einigen Jahrhunderten andere Tischmanieren gehabt, und denn noch haben wir uns gewandelt. In dieser Hinsicht ist China stehen geblieben. Gutes Essen kann man auch mit Worte beschreiben. Es gibt einige Chinesen, die das auch schon begriffen haben. Ich kenne das aus meiner Verwandschaft. Eine Kultur kann sich ändern!

  • #2

    müller (Donnerstag, 11 Januar 2024 08:11)

    cool