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Gesichtsverlust – wenn Ehre und Ansehen verloren gehen

Mianzi gehört in China zu den wichtigsten Verhaltensregeln

Auf der Skala unangenehmer Dinge nimmt der Verlust des Gesichtes – wörtlich übersetzt "Diu Lian" 丢脸 – einen sehr hohen Rang ein. In China ist das gesellschaftliche Miteinander von Höflichkeit und Respekt gegenüber höhergestellten Personen geprägt. Kommt ein Chinese seiner sozialen Rolle als Vater, Angestellter oder Chef nach, bleibt sein Gesicht gewahrt. Tut er dies in den Augen anderer nicht, verliert er sein Gesicht. Direkte Kritik oder Widerspruch sind jedoch in der chinesischen Tradition nicht vorgesehen, von Kindheit an werden Chinesen zu einem achtsamen Umgang erzogen. Das Gesicht zu verlieren geht mit einem Verlust an Glaubwürdigkeit, Ehre und Ansehen einher, es zu wahren hat deshalb oberste Priorität.

Chinesen fühlen sich in peinlichen Situationen erniedrigt – nach der Wegrichtung gefragt, schicken sie den Fragenden lieber in die falsche Richtung als zugeben zu müssen, den Weg nicht zu kennen. Dies gilt insbesondere im Umgang mit Europäern, die deshalb stets mit Bedacht und einem großen Maß an Respekt agieren sollten. Nie dürfen Sie bei Diskussionen und Auseinandersetzungen laut oder gar ausfallend werden, ganz egal, wie sehr Sie sich im Recht fühlen. Wer die Geduld verliert und dabei womöglich noch öffentlich kritisiert, verliert in den Augen der Chinesen sein Gesicht. Die Reaktion auf chinesischer Seite wird sich in Form von Gleichgültigkeit und Desinteresse ausdrücken und jede Möglichkeit einer Einigung unterbinden. Aus diesem Grund ist die Teilnahme an einem Seminar über interkulturelle Kommunikation ratsam, es vermeidet Fettnäpfchen gezielt und sorgt für Sicherheit im Auftreten.

Mianzi im chinesischen Geschäftsleben

Auch im China Business gehört Mianzi zu den wichtigsten Verhaltensregeln. Es gehört zum guten Ton, das Gesicht des anderen nicht nur zu wahren, sondern es zu betonen und durch Lob und Komplimente hervorzuheben. Wer den Gesichtsverlust einer anderen Person verursacht, zerstört das Vertrauensverhältnis und wird es nicht leicht haben, dieses wieder herzustellen. Wodurch ein Gesicht verloren gehen kann? Durch offene Kritik, durch Erheben der Stimme oder durch Beschimpfen. In China würde ein unzufriedener Chef seine Kritik an einem Mitarbeiter keinesfalls im Beisein von Kollegen äußern. Vielmehr würde er einem Vieraugengespräch den Vorzug geben, in dem er Kritik zwar indirekt anbringt, gleichzeitig jedoch seine Wertschätzung betont. Das Gesicht zu wahren, gilt als wesentliche Komponente der chinesischen Geschäftskultur und sollte in jeder Situation beachtet werden. Unser interkulturelles Seminar bereitet Sie gezielt auf den richtigen Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern vor.

Das Gesicht wahren am konkreten Beispiel

Was den Individualismus angeht, unterscheidet sich die chinesische Kultur merklich von der westlichen. Sich selbst in den Vordergrund zu stellen, sich zu loben oder gar die eigenen Stärken hervorzuheben, wird als angeberisch, aufdringlich und protzig empfunden. Lob fällt in China sehr viel weniger direkt aus und wird gern anderen überlassen. Wer sein Gegenüber lobt und dessen Leistungen positiv hervorhebt, verbessert sowohl das eigene Gesicht als auch das des Gelobten. Hinzu kommt, dass positive Äußerungen und Komplimente maßgeblich zur Verbesserung der persönlichen Beziehung beitragen. Auch wenn der Gelobte nach außen hin versucht, das Lob herunterzuspielen oder kleinzureden, empfindet er in seine Inneren doch ein großes Maß an Stolz. Wenn Sie also die englischen Sprachkenntnisse Ihres chinesischen Geschäftspartners loben, wird dieser Ihnen vermutlich folgende Antwort geben: "Oh no, my English is really bad" – und dies selbst dann, wenn der die Sprache fließend beherrscht.

 

In der Kommunikation mit Chinesen kommt es auch deshalb immer wieder zu Verständigungsschwierigkeiten, weil sie sich sehr viel indirekter äußern. Ausweichende Antworten wie "vielleicht, ich sehe, was ich tun kann" werden in China eher als klares Nein verstanden, während Europäer noch auf einen positiven Ausgang der Verhandlungen hoffen. Dass etwas schief gelaufen ist, wird oftmals erst dann klar, wenn vermeintliche Zusagen, Absprachen, Deadlines und Liefertermine nicht eingehalten werden. Im Umgang mit chinesischen Geschäftspartnern heißt es, die Hierarchie beachten, freundlich bleiben, lächeln und den eigenen Standpunkt erklären. Stimmt die Beziehung, stehen die Chancen gut, die gewünschten Ziele zu erreichen. Stimmt sie nicht, stehen Aktionismus, Zeitdruck, Unverständnis, Unmut, kulturelle Unterschiede und sprachliche Barrieren einer erfolgreichen Geschäftsbeziehung im Wege.

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